Autor: Lino Wirag | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 11.01.2023
Mit einem guten Frühstück startet man in den Tag – oder doch lieber mit einer Zahnbürste im Mund? Die Meinungen darüber gehen auseinander und für beide Positionen gibt es Argumente. Und: Es gibt sogar noch eine dritte Meinung.
Was liegt morgens näher: der Griff zur Zahnbürste – oder der zum Kaffeelöffel? Sprich: Ist es klüger, die Zähne vor oder nach dem Frühstück zu putzen? Darüber gehen die Meinungen auseinander: nicht nur am heimischen Wasch- und Küchentisch.
Wir haben nachgesehen, wie Experten zur Vorher-nachher-Frage stehen und was die zahnmedizinische Forschung zu dem Thema sagt. Es zeigt sich: Eine Antwort ist gar nicht so leicht zu geben.
Vor dem Frühstück zähneputzen oder erst danach? Erstaunlicherweise sind sich auch die Profis bei der Antwort auf diese Frage nicht ganz einig. Liest man sich durch zahnheilkundliche Kommentare und Argumente, zeigt sich, dass zum Vorher-nachher-Streit drei Meinungen existieren:
Beim Zähneputzen werden Speisereste und Bakterien aus dem Mund entfernt, die dann teilweise in der Zahnbürste landen. Dort sammeln sich mit der Zeit immer mehr Keime an. Das sollten Sie bei Zahnbürste und Zahnputzbecher beachten, um den Körper nicht unnötig mit Schimmel und Bakterien zu belasten.
Meinung 1 – Erst putzen: Die Erst-mal-Schrubber argumentieren, dass nachts kaum Speichel in der Mundhöhle fließt. Dessen Funktion ist es aber normalerweise, Bakterien zu bekämpfen und Beläge wegzuspülen – der Grund, warum wir morgens Mundgeruch haben. Deshalb sollten, so das Argument der ersten Fraktion, nach dem Aufstehen erst mal so schnell wie möglich die "Reste der Nacht" aus dem Mund geschafft werden. Erst dann kann man den Zähnen weitere Belastungen – wie ein zucker- oder säurehaltiges Frühstück – zumuten.
Meinung 2 – Erst beschmutzen: Die Erst-mal-Frühstücker argumentieren hingegen: Bevor nichts schmutzig ist, kann auch nichts geputzt werden. Das heißt: Erst wenn wir etwas zu uns nehmen, gelangt beispielsweise Zucker an die Zähne, der wiederum von den Bakterien im Mundraum zu Säuren abgebaut wird, die dann den Zahn angreifen (und Karies verursachen). Um das zu verhindern und Zucker, Säuren und Bakterien so schnell wie möglich wieder von den Zähnen zu schrubben, sollten wir nach jeder Mahlzeit zähneputzen – also auch nach dem Frühstück.
Meinung 3 – Hauptsache putzen: Und dann gibt es noch die dritte Fraktion, die auf dem Standpunkt steht: Der Unterschied zwischen vorher und nachher ist vernachlässigbar – Hauptsache, es wird regelmäßig und gründlich geputzt. Denn nur gute Zahnhygiene beugt Karies, Zahnfleischentzündung und Co. auch wirklich vor.
Zahnseide ist zwar etwas umständlich zu handhaben – doch sie ist ein preiswertes Hilfsmittel, um die Zähne dort sauber zu halten, wo die Zahnbürste nicht hinkommt. Aber welche Zahnseide ist empfehlenswert?
So auch Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, gegenüber dem Bayerischen Rundfunk: "Wenn man seine Zähne gründlich putzt, ist es nicht von erheblicher Bedeutung, ob man sie nach oder vor dem Frühstück putzt." Denn: "Kariesbakterien brauchen etwa 24 Stunden, um die kariesauslösenden Säuren zu produzieren", so der Fachmann.
Und dann gibt es zum Thema noch das Argument, man solle nach dem Essen – ob Frühstück oder nicht – etwa eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen warten, wenn man säurehaltiges Obst (wie Orangen) gegessen, entsprechenden Fruchtsaft getrunken oder generell saure Speisen zu sich genommen habe.
Denn: Die Säure greife den Zahnschmelz an, der sich erst wieder erholen müsse und nicht durch vorschnelles Putzen in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe. So oder so ähnlich kann man es an zahlreichen Stellen nachlesen und noch von vielen Zahnärzten hören. Aber stimmt's auch?
Eher nicht. Neuere Studien belegen, dass das behauptete Phänomen vermutlich gar nicht existiert.
Was kann man schon beim Zähneputzen falsch machen? Eine Menge! Wir zeigen die häufigsten Fehler und erklären, wie es richtig geht.
Für eine chinesisch-deutsche Meta-Studie wurden 2020 über 25 wissenschaftliche Studien ausgewertet, die sich mit der Frage beschäftigen, ob man nach einem 'Säure-Angriff' mit dem Zähneputzen warten solle oder nicht. Das Ergebnis: Bei menschlichen Zähnen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen früherem und späterem Putzen festgestellt werden, was den Zustand des Zahnschmelzs betraf.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e. V. (DGZMK) empfiehlt in ihren Patienteninformationen zum Thema, dass man nach sauren Speisen nicht mit dem Putzen warten solle, wenn man keine Schäden am Zahnschmelz habe.
Fazit zur Eingangsfrage: Um ganz sicherzugehen, müssten Sie eigentlich vor und nach dem Frühstück zähneputzen. Da das wohl etwas viel verlangt ist, können Sie sich ohne Bedenken der dritten Fraktion anschließen: Hauptsache putzen und dabei gründlich vorgehen. Wie das möglichst umweltfreundlich geht, verrät Ihnen unser Ratgeber Zahnpflege.
Eine andere Frage, über die sich schon so manches Paar am Waschbecken entzweit hat, ist: Sollte die Zahnseide vor oder nach dem Zähneputzen zum Einsatz kommen? Lesen Sie dazu: Zahnseide vor dem Zähneputzen – oder doch danach?
Elektrische Zahnbürsten können das Putzen erleichtern. Im Test überzeugt allerdings nur ein Drittel der Produkte. Einige Borsten können das Zahnfleisch reizen und nicht alle Akkus entsprechen der neusten Technik. Auch umweltschädliche Stoffe haben wir gefunden.
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